Stellungnahme des BvPP e.V. zum Referentenentwurf des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes


Stellungnahme Pflegereform

Der Bundesverband unabh�ngiger Pflegesachverst�ndiger und PflegeberaterInnen e.V. (BvPP e.V.) sieht in dem Referentenentwurf grunds�tzlich einen Schritt in die richtige Richtung. Durch die Einf�hrung von Pflegebegleitern, Pflegest�tzpunkten und der M�glichkeit des Poolings werden neue Instrumente geschaffen, die grunds�tzlich geeignet sind, die Fragmentierung der Leistungsangebote sowie den Verschiebebahnhof zwischen Krankenkassen, Pflegekassen und Tr�gern der Sozialhilfe zu reduzieren und die Patientensouver�nit�t zu st�rken. Die in dem vorliegenden Entwurf angedachte Ausgestaltung l�sst jedoch bef�rchten, dass die aus Sicht des BvPP e.V. durchaus richtige Intention des Gesetzes in der Realit�t konterkariert wird.


Pflegest�tzpunkte und Pflegebegleiter

Pflegest�tzpunkte nach � 92c werden von Kranken- und Pflegekassen gemeinsam initiiert und mittels gemeinsamer Vertr�ge errichtet. Tr�ger der �rtlichen Sozialhilfe, zugelassene Pflegeeinrichtungen und Tr�ger der privaten Kranken- und Pflegeversicherung sollen an diesen Vertr�gen beteiligt werden. Integrierte Versorgungsvertr�ge k�nnen nach � 92b abgeschlossen werden. Aufgabe der Pflegest�tzpunkte ist neben der Beratung und Koordination auch die Bereitstellung pflegerischer und sozialer Versorgungs- und Betreuungsangebote. Die St�tzpunkte sollen fl�chendeckend (1/ 20 000 Einwohner) geschaffen werden. Zur Umsetzung wird in der Begr�ndung zum Referentenentwurf (S. 179 Absatz 2) �davon ausgegangen, dass die Kosten- und Leistungstr�ger kompetente Mitarbeiter in die Pflegest�tzpunkte entsenden�.

F�r den Laien ausgedr�ckt, bedeutet dies: Die Pflege- und Krankenkassen als die Institutionen, die �ber die Kostenzusage entscheiden, erhalten auch gleichzeitig die fl�chendeckende Zust�ndigkeit dar�ber, initial zu beraten und zu entscheiden, was f�r den Hilfesuchenden gut ist und was nicht. Es bedarf in Zukunft noch nicht einmal der Einrichtung des Medizinischen Dienstes, um die Notwendigkeit zu pr�fen. Pflege- und Krankenkassen k�nnen andere Institutionen einbinden, m�ssen es aber nicht. Im Zweifel k�nnen sie auch nach eigener Ma�gabe aus ihrer Sicht geeignete Angebote bereitstellen und damit den bestehenden Leistungsanbietern den Boden ihrer Existenz entziehen bzw. diese in einem nicht vertretbaren Ma�e unter Druck setzen.

Aus Sicht des BvPP e.V. besteht hier ein eklatanter Interessenskonflikt, der in letzter Konsequenz
� die Schaffung einer Monopolstellung f�r die Pflege- und Krankenkassen auf dem Pflegemarkt bewirken kann,
� zu einer Versch�rfung der bereits bestehenden restriktiven und - wie in zahlreichen Gerichtsurteilen best�tigt � h�ufig gesetzeswidrigen Handhabung bestehender Rechtsanspr�che der Versicherten f�hren kann
� zu einer nicht vertretbaren Machtstellung der Pflege- und Krankenkassen auf dem Pflegemarkt gegen�ber Leistungsanbietern und Versicherten f�hrt.

War der MDK, zumindest dem Gesetz nach, eine von den Kostentr�gern unabh�ngige Institution, so werden � dem Entwurf folgend - zuk�nftig direkt weisungsunterstellte Mitarbeiter der Pflege- und Krankenkassen vor Ort die Beratung, die Koordination und die Entscheidung treffen. Die Qualifikation wird ebenfalls von den Kostentr�gern selbst festgelegt (und vermutlich intern nach eigener Rechtsauslegung geschult). Dies gilt sowohl f�r die in den St�tzpunkten t�tigen Pflegebegleiter, die ebenfalls direkt weisungsgebundene Mitarbeiter der Pflegekassen sein sollen, als auch f�r sonstige zu entsendende Mitarbeiter. Daraus resultiert zwingend, dass diese Mitarbeiter nur im Einklang mit den Vorgaben ihres Arbeitgebers (Pflege- und Krankenkassen) beraten und Antr�ge ausl�sen d�rfen, wollen sie nicht den Verlust des eigenen Arbeitsplatzes riskieren. Unterstellt man den Kostentr�gern, dass sie stets nach bestem Wissen und Gewissen im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben handeln wollen, so k�nnen subjektiv wahrgenommene, wirtschaftliche Zw�nge jedoch nicht ausgeschlossen werden, die bei der gegebenen Machtf�lle dazu verleiten, auch rechtlich und medizinisch-pflegerisch korrekte Anspr�che zu versagen. Es ist daher davon auszugehen, dass die nicht kontrollierbare Gefahr besteht, dass nicht mehr jeder Hilfebed�rftige �ber alle ihm zustehenden Rechte und Anspr�che informiert wird, sondern die Information und Beratung �pflege- und krankenkassengerecht� erfolgt.

Mit dieser Regelung werden sowohl die Selbstbestimmung und St�rkung der Verbraucherrechte als auch der Gedanke einer Wettbewerbsst�rkung im Gesundheitswesen ad absurdum gef�hrt. Ein Wettbewerb zwischen den einzelnen Pflege- und Krankenkassen wird ausgeschlossen (ein St�tzpunkt vertritt alle Kassen und hat regional keinen Wettbewerb), ein Wettbewerb zwischen den Leistungsanbietern erliegt dem Diktat der Pflegest�tzpunkte als ausf�hrenden Organen der Kostentr�ger.

Der BvPP e.V. fordert daher, die Pflegest�tzpunkte und die Pflegebegleiter zwingend als selbst�ndig wirtschaftende, von den Kostentr�gern unabh�ngige Institutionen im Gesetz zu verankern.
Dies kann beispielsweise durch eine zwingende gesetzliche Verpflichtung zur Einbindung der �rtlichen Sozialhilfetr�ger und Leistungsanbieter in die Vertr�ge zur Errichtung eines Pflegest�tzpunktes erfolgen. Da sich selbst auf kommunaler Ebene die Konsensbildung zwischen den einzelnen Parteien oft als langwierig � manchmal auch als unm�glich � gestaltet und dadurch eine zeitnahe Umsetzung und Errichtung der Pflegest�tzpunkte gef�hrdet sein k�nnte, schl�gt der BvPP e.V. vor, die Pflegest�tzpunkte als selbst�ndige Agenturen und die Pflegebegleiter im Sinne eines �Regulierers� analog zu bereits bestehenden Systemen in der Versicherungswirtschaft zu verankern. Damit w�rde einerseits verhindert, dass ein neuer b�rokratischer Verwaltungskoloss entsteht, andererseits kann dadurch flexibel den regionalen Strukturen Rechnung getragen und eine unabh�ngige Beratung und Koordination gesichert werden. Der BvPP e.V. verweist hier auf die bereits erfolgreiche Umsetzung einer derartigen Vorgehensweise im Bereich der Versorgung von Unfallopfern durch gro�e Schadensregulierer. Neben einer optimalen Versorgung der Gesch�digten und damit einer hohen Kundenzufriedenheit verzeichnen die Schadensregulierer gleicherma�en eine deutliche Kostensenkung in der Regulierung.

Weiterentwicklung der Qualit�t

Der BvPP e.V. begr��t die Verankerung der Expertenstandards in der Pflegeversicherung (� 113a). Positiv wird auch die Flexibilisierung und Entb�rokratisierung der Qualit�tspr�fungen bewertet, die eigene Anstrengungen der Einrichtungen im Qualit�tsmanagement ber�cksichtigt. Die Verpflichtung zur Ver�ffentlichung der Pr�fberichte kann ein wirksames Instrument f�r mehr Transparenz und damit f�r weitere Qualit�tsverbesserungen sein.
Als Vertreter der Pflegefachkr�fte und Experten, die als unabh�ngige Pflegesachverst�ndige und Pflegeberater/innen bundesweit Einrichtungen und Betroffene insbesondere im Hinblick auf die bestehende Qualit�t und die Qualit�tsentwicklung beraten und unterst�tzen, fordert der BvPP e.V. eine Beteiligung an der Entwicklung und Aktualisierung der Expertenstandards nach � 113a sowie eine Beteiligung an der Entwicklung der Richtlinie �ber die Pr�fung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualit�t nach � 114.
Der BvPP e.V. fordert daher eine namentliche Auff�hrung in � 113 a, Absatz 1, Satz 3 und in � 114a, Absatz 7, Satz 2.

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